Rede des Fraktionsvorsitzenden zur Verabschiedung des Haushaltes für das Jahr 2025
Von Asterix, Obelix und der Windkraft
Rede des Fraktionsvorsitzenden der SPD im Rat der Stadt Billerbeck zur Verabschiedung des Haushaltes für das Jahr 2025
– Es gilt das gesprochene Wort! –
Sehr geehrte Frau Bürgermeisterin,
sehr geehrte Ratsmitglieder,
liebe Zuhörerinnen und Zuhörer im Saal,
vor einem Jahr habe ich in meiner Haushaltsrede zu mehr Optimismus aufgerufen.
Rückbetrachtend war auch 2024 ein Jahr voller Herausforderungen: in der Ukraine tobt der Angriffskrieg Putins weiter und in Nahost ist ein neuer Konflikt ausgebrochen.
In Deutschland ist die AfD bei den Landtagswahlen Thüringen, Sachsen und Brandenburg besorgniserregend deutlich weiter aufgestiegen und die anhaltende Inflation bereitet vielen Menschen Sorgen.
Warum wir trotz all dieser und weiterer Krisen dennoch positiv auf die vergangenen zwölf Monate zurückblicken können, zeigt der Haushaltsentwurf 2025 für Billerbeck.
Heute verabschieden wir mit den Stimmen der SPD-Fraktion einen wichtigen Haushalt, der nicht nur reine Zahlen enthält, sondern auch unsere politischen Schwerpunkte und Prioritäten widerspiegelt.
Dieser Haushalt ist das Abbild unserer Verantwortung gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern in unserer Stadt – einer Kleinstadt, die in den vergangenen Jahren viel zur Energiewende und insbesondere zum Ausbau der Windkraft beigetragen hat.
Als SPD-Fraktion stehen wir klar hinter dem Ziel, die Energiewende mitzugestalten und den Ausbau erneuerbarer Energien zu fördern. Gleichzeitig tragen wir aber auch die Verantwortung, die Interessen Billerbecks und aller Menschen, die hier leben, zu wahren.
Das Münsterland hat seinen Beitrag zum Ausbau der Windkraft bereits erheblich geleistet. Die von Land und Bund gesetzten Ziele sind hier sogar übererfüllt. Unsere Region hat damit einen entscheidenden Anteil an der Energiewende übernommen, während andere noch im Rückstand sind.
In diesem Sinne hat sich die SPD dafür eingesetzt, dass die Lasten und Herausforderungen der Energiewende fair verteilt werden. Unser Ziel ist es, eine Balance zu finden – eine Balance zwischen dem Ausbau erneuerbarer Energien und dem Schutz unserer Landschaften und Lebensräume.
Mehr Fläche in Billerbeck für Windkraftanlagen bereitzustellen, halten wir auf der Grundlage der beschlossenen Leitlinien nach sorgfältiger Abwägung für nicht notwendig und auch nicht gerechtfertigt.
Und vielleicht erinnert uns diese Situation an die Geschichten von Asterix und Obelix, die zeigen, dass man sich auf sein Bauchgefühl verlassen und dass auch der kleine Mann sich nicht durch große Sprüche beirren lassen sollte. Manchmal ist es genauso wichtig, Grenzen zu ziehen, mutig zu sein und auch mal „Nein“ zu sagen. Sich nicht verleiten zu lassen von finanziellen Versprechen, von Wählerstimmen oder der eigenen Ideologie.
Doch wie sagte schon Helvetius? „Wahrheit ist eine Fackel, die durch den Nebel leuchtet, ohne ihn vertreiben zu können.“
Lassen Sie uns also – mit einem Augenzwinkern – das letzte Jahr betrachten und schauen, wo der klare Plan – an einer gerechten Energiewende zu arbeiten – in unserer Stadt gescheitert ist und die Interessen aller Billerbecker aus dem Blick einer schwarzgrünen Mehrheit geraten sind:
Was bisher geschah …
Ein kleines münsterländisches Städtchen lebte vollkommen mit sich und der Welt zufrieden in seiner Parklandschaft mit Feldern, Wiesen und Wäldern, die sich idyllisch an die Baumberge schmiegt. Ein kleiner Flusslauf mit seinen grünen Auen und drei Kirchtürme, weithin sichtbar, vervollständigen das verträumt wirkende Stadtbild.
Doch der Schein trügt. Leider!
Idylle und Eintracht kann schnell zerstört werden, wenn, ja, wenn sich die Falschen zusammentun.
Wer den letzten Asterix und Obelix Band „Die weiße Iris“ gelesen hat, weiß, wovon ich spreche. Dort bricht die berühmt-berüchtigte römische Denkschule in Person des Achtsamkeits-Gurus Visus-Versus in das gut bekannte kleine gallische Dörfchen ein und pflanzt den Dorfbewohnerinnen und -bewohnern seine „Weisheiten“ ein.
Cäsar hat ihn beauftragt, den Galliern Achtsamkeit zu lehren und sie zu sanften Bürgerinnen und Bürgern zu erziehen.
Nicht Backpfeifen und Schlägereien sollen Konflikte lösen, sondern Gespräche, nicht Wildschweine sollen auf dem Teller landen, sondern ein ausgewogenes Essen mit viel Gemüse und wenig Fleisch. Eigentlich ja kein schlechtes Ziel, wären da nicht die versteckten Fliegenpilze.
Der wahre Grund für die Umerziehung: der weiße Fleck auf seiner Landkarte soll so aussehen, wie der Rest von Gallien: Römisch!
Und so führt Visus-Versus den Achtsamkeitssprech, gepaart mit viel Gesülze und Schmeicheleien, in eine kleine Welt ein, die aufgrund ihrer Geradlinigkeit und Aufrichtigkeit seinen Heilversprechen nichts entgegen zu setzen hat. Sie verfallen der Verführung seiner Sprache, in der Charakterfehler zu großen Tugenden gedreht und in positives Licht gesetzt werden.
Visus-Versus entpuppt sich als ein Meister seines Fachs.
Mit seinen Schmeicheleien und Täuschungen manipuliert er das ganze Dorf.
Wie im Comic findet hier im kleinen Örtchen Billerbeck eine Manipulation der Bevölkerung mit Hilfe von Charmeoffensive und Heilversprechen statt.
Sogenannte Windmüller treten mit den Stadtbewohnern in Kontakt, verwickeln sie in aufklärende Gespräche und machen finanzielle Versprechungen.
Ziel ist nicht die Umzingelung der Stadt mit römischen Lagern, sondern mit Windkraftanlagen.
Diese Windmüller, stellvertretend genannt Windi Profitibi, verstehen ihr Fach in Achtsamkeitssprech und Positivschmalz und so kommt es, wie es kommen muss: das Balsam des zukünftigen Geldsegens minimiert alle Bedenken auf Idefixgröße und die direkte Anwohnerschaft ist Feuer und Flamme.
So war der Billerbecker SPD schnell klar, worum es den Windi Profitibi tatsächlich geht. Während die CDU und die Grünen auch heute noch in Verzückung über ihre eigenen Beweggründe geraten, sagen wir noch einmal ganz klar, dass wir das Vorgehen durch eine unkritische Ratsmehrheit und die eingeschlagene Richtung ablehnen.
So wie seinerzeit in kleinen gallischen Dörfern, so ist es auch in kleinen münsterländischen Städten, dass man für das gestärkte Zusammenleben ab und an auch Gegner und Konflikte braucht.
Doch die politischen Befürworter gaben sich wortkarg und einsilbig und verharrten stur in der eingeschlagenen Richtung.
Ja, selbst in den sozialen Medien, in denen sie sonst gut vertreten sind, findet man bis heute kein Wort zu ihrer Entscheidung für die Windkraft.
Dafür könnte es zwei Gründe geben: entweder fürchten sie den Shitstorm, oder sie möchten in späteren Jahren, wenn das Kind in den Brunnen gefallen ist, nicht mehr mit ihrer Entscheidung in Zusammenhang gebracht werden.
Das Internet vergisst ja nichts.
Gut wäre es von ihnen gewesen, sich zu prüfen, Rückgrat zu beweisen und umzukehren.
So geht der alte Charme unserer Stadt verloren, wenn unbeugsam in der weltanschaulichen Betrachtung durchaus korrekte Positionen eingenommen werden, aber die konkrete Betrachtung vor Ort im Großen und Ganzen untergeht.
Der neue Charme der Stadt wird sich im verklärt romantischen Blick auf die sich in der sinkenden Abendsonne drehenden Windradflügel manifestieren.
Aber doch noch einmal zurück zum Asterix-Comic und der Lehre daraus: nachdem Visus-Versus und mit ihm die große römische Weltpolitik in das kleine gallische Dorf eingedrungen sind und er seine Heilslehren erfolgreich verbreitet hat, wird selbst Häuptling Majestix irgendwann missmutig und Asterix schmeckt selbst sein von Miraculix angerührter Zaubertrank nicht mehr.
Der widerspenstigen SPD-Billerbeck geht es hier nicht anders!
Wir verlassen nun die Comicebene, denn was nun kommt, ist nicht lustig und unterscheidet sich von der irgendwie doch heilen Comicwelt: anders als Asterix und Obelix, die am Ende doch gewinnen, stehen wir, die SPD, in diesem Fall auf verlorenem Posten.
Dabei lag es nicht an unseren Argumenten, die fundiert und schwerwiegend waren und auf die kommende Zerstörung des Landschaftsbildes hinwiesen, nein, sie wurden nur schlichtweg überhört.
Nachdem die Windmüller wortreich mit dem Geldbeutel gewunken haben, befanden es die Mehrheitsfraktionen nicht mehr für nötig, in die Diskussion zu gehen. Es war ja ihrer Ansicht nach schon alles entschieden. Wozu weiter achtsam reden und positive Energie einsetzen?!
Wir, die SPD, sind der festen Überzeugung:
unsere liebens- und lebenswerte kleine Stadt Billerbeck würde ihren unvergleichlichen Charme, gebettet in die kleinteilige münsterländische Parklandschaft, behalten, wenn die Kirche im Dorf geblieben wäre und von einer Mehrheit nicht blindlings durchgesetzt würde, die Welt zu retten ohne Rücksicht auf den Verlust unserer eigenen städtischen Identität und deren Güter.
Denn machen wir uns nichts vor: der erzeugte Strom muss abgeführt oder gespeichert werden. Es müssen Speicher und Stromtrassen, ober- oder unterirdisch, gebaut werden. Das bedeutet neue Eingriffe in unsere Landschaft.
Uns als SPD ist klar, dass wir über unwiederbringliche Werte sprechen und das diese nicht ersetzt werden können, auch nicht nach einem von den grünen Vertretern vorhergesagten Rückbau der Windmühlen nach 20 Jahren.
Unsere Stadt, unser Umland wird in spätestens fünf Jahren anders sein, dessen sind wir gewiss.
Wir lassen uns den Blick weder durch Achtsamkeitssprech, noch durch Windflügelheilkraft verstellen. Die Windi Profitibi sind enttarnt.
Schauen wir konkret in den Haushalt 2025 und die Entwicklungen der nächsten Jahre.
Heute sind wir hier, um einen Haushalt zu verabschieden, den die SPD mitträgt, der den finanziellen Rahmen für 2025 absteckt. Dieser Haushalt weist Erträge von 31.684.500 Euro auf – eine Summe, die zeigt, dass wir in Billerbeck eine wirtschaftlich gut aufgestellte Stadt sind. Gleichzeitig sehen wir aber auch Ausgaben in Höhe von 32.174.000 Euro, was ein Defizit von 489.500.00 Euro bedeutet. Glücklicherweise können wir dieses Defizit durch die Inanspruchnahme unserer Ausgleichsrücklage decken und so eine solide Basis für die Zukunft wahren.
Welchen Anteil hat die Windkraft hieran?
Die zwölf bestehenden Windkraftanlagen tragen zwar zur Energiewende bei, jedoch spiegelt sich dieser Beitrag bisher kaum im städtischen Haushalt wider: für die kommenden Jahre bis 2028 sind jährlich lediglich 55 Tausend Euro an EEG-Einnahmen veranschlagt – eine vergleichsweise geringe Summe.
Die von der CDU gepriesenen Gewerbesteuereinnahmen aus neuen Anlagen werden erst in einigen Jahren fließen, konkret drei bis vier Jahre nach Errichtung, und selbst dann bleibt nur ein Bruchteil bei uns in Billerbeck.
Von der voraussichtlichen Gewerbesteuer einer 6-Megawatt-Anlage, die bis zu 50 Tausend Euro pro Jahr beträgt, werden 57 Prozent an den Kreis und weitere 9 Prozent an das Land abgeführt, sodass nur rund 34 Prozent in der Stadtkasse verbleiben.
In Summe gehen somit knapp 28,5 Tausend Euro an den Kreis, rund 4,5 Tausend Euro an das Land und Billerbeck bleiben die restlichen 17 Tausend Euro je Anlage.
Das aber auch nur, wenn der Verwaltungssitz des Betreibers bei uns in Billerbeck ist und es sich um einen guten Anlagenstandort handelt.
Mit der Akzeptanzabgabe aus dem EEG verhält es sich so, dass diese für die Einzelanlage voraussichtlich 45 Tausend Euro beträgt und zusätzlich im Umkreis von 2,5 Kilometern um die Turmmitte auf umliegende Gemeinden, wie z. B. Rosendahl, verteilt wird und so nur anteilig in Billerbeck verbleibt.
Das ist es der SPD absolut nicht wert, das Stadtbild so radikal umzubauen, zu verschandeln, und zu Lasten der ökologischen Grundlagen vor Ort einen vergleichsweise geringen finanziellen Wert zu schöpfen.
So verliert Billerbeck durch den Willen der CDU, der Grünen und der Familienpartei den eigenen Wert und die Identität geht ein großes Stück weit verloren.
Unsere Finanzen sind stabil und wir brauchen den Hilfsbeitrag der Windkraft nicht.
Die städtischen Haushalte sind bei einem hohen Standard stabil aufgestellt.
Der von der SPD-Fraktion geschätzten Kämmerin der Stadt Billerbeck, Frau Marion Lammers, spreche ich stellvertretend für die vielen engagierten Mitarbeitenden im Billerbecker Rathaus für die Aufstellung dieses Haushaltsplanes und für die im vergangenen Jahr geleistete Arbeit meinen ausdrücklichen Dank aus.
Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer!
Bei Ihnen, meine sehr geehrten Damen und Herren, bedanke ich mich für Ihr Interesse und Ihre Aufmerksamkeit.
Bleiben Sie optimistisch 😉
Vielen Dank!
gez.
– Thomas Tauber –
Vorsitzender der SPD-Fraktion
im Rat der Stadt Billerbeck